Was gilt, wenn die gesetzliche von der vertraglichen Kündigungsfrist abweicht?

Auch ohne Vereinbarung gelten im Arbeitsverhältnis besondere Kündigungsfristen. Geregelt ist dies in § 622 BGB. Es gibt dort eine Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Diese Frist von vier Wochen kann nur im Ausnahmefall auf zwei Wochen verkürzt werden, wenn nämlich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich eine Probezeit vereinbart ist. Die Probezeit darf max. 6 Monate betragen. Ansonsten sieht das Gesetz vor, dass abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu Gunsten des Arbeitnehmers eine Verlängerung der Kündigungsfrist erfolgt. Dies gilt aber nicht für Kündigungen, die der Arbeitnehmer aussprechen möchte. Für diese Kündigung bleibt es bei der Grundkündigungsfrist.

Allerdings ist es zulässig, im Arbeitsvertrag individuelle Regelungen zu treffen. Auch dafür gibt es aber spezielle Regeln. Die Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen ist nur im Ausnahmefall möglich. Die beiden Ausnahmeregelungen sind in § 622 Abs. 5 BGB erfasst. Eine Verlängerung der gesetzlichen Fristen ist einfacher. Dort gilt aber nach § 622 Abs. 6 BGB zu beachten, dass die verlängerten Fristen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber gelten müssen. Der Arbeitgeber kann also nicht vertraglich den Arbeitnehmer mit einer längeren Frist an den Vertrag binden, als er dies selbst für sich gelten lassen möchte.

Sieht ein Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist vor als sich für das Arbeitsverhältnis aus dem Gesetz ergibt, gilt das Günstigkeitsprinzip. Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch darauf, dass der für ihn günstigere Schutz, die längere Kündigungsfrist, eingreift.

In der betrieblichen Praxis wird häufig in Arbeitsverträgen das Vierteljahresende (Quartalsende) als Zeitpunkt für das Ausscheiden gewählt. Das ist eine wesentliche aber zulässige Änderung gegenüber dem Gesetz, das regelmäßig das Monatsende als Beendigungszeitpunkt kennt. Dass ein Arbeitsverhältnis nur zum Quartalsende und nicht jeden Monat beendet werden kann, entspricht häufig dem Interesse des Arbeitgebers, der auch beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers ausreichend Zeit haben möchte, um Ersatz finden zu können.

Dabei kann es dann zu einer Kollision zwischen der Beendigung zum Quartalsende und einer verlängerten gesetzlichen Kündigungsfrist kommen. Das Bundesarbeitsgericht hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein sehr langjährig beschäftigte Arbeitnehmer vertraglich eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende hatte, gesetzlich eine solche von sieben Monaten zum Monatsende. Die Frage des Günstigkeitsprinzips ließ sich nicht eindeutig beantworten, denn auf der einen Seite konnte für den Arbeitnehmer die Frist von sieben Monaten längeren Schutz bieten, auf der anderen Seite auch die Frist von sechs Monaten zum Quartalsende. Diesen Konflikt hat das Bundesarbeitsgericht dadurch aufgelöst, dass es den Grundsatz des Gesamtvergleichs aufgestellt hat. Nur dann, wenn in jedem Falle eine der beiden Regelungen günstiger für den Arbeitnehmer ist, soll dies gelten. Bei diesem Musterbeispiel führt die vertragliche Regelung nur in vier Monaten zu einer längeren Frist für den Arbeitnehmer. Für acht Monate ist sie hingegen gleich oder sogar ungünstiger. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht in diesen Fällen der gesetzlichen Regelung den Vorrang eingeräumt. Maßgeblich ist für Kündigung des Arbeitsgebers deshalb die gesetzliche Frist von sieben Monaten zum Monatsende.