Altersfreizeitgrenze unwirksam im Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie

Am 23.7.2019 hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt eine Entscheidung gefällt, die für viele Arbeitnehmer, die im Bereich des Manteltarifs Bergbau, Chemie und Energie als Teilzeitkräfte tätig sind, von großer Bedeutung ist. Dabei ging es um folgenden Sachverhalt:

Der Manteltarifvertrag sieht für ältere Arbeitnehmer vor, dass sie nach Vollendung des 57. Lebensjahres eine zweieinhalb stündige Altersfreizeit je Woche erhalten können, bei Mitarbeitern, die in Volk in vollkontinuierlicher Wechselschicht gearbeitet haben und dies über 15 Jahre lang, erhöht sich die Zeitgutschrift sogar auf dreieinhalb Stunden pro Woche. Das bedeutet, dass die Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer von der tariflichen Grundarbeitszeit von 37,5 Stunden damit auf 35 oder sogar 34 Stunden in der Woche absinkt ohne dass dies mit finanziellen Einbußen verbunden wäre. Der Manteltarifvertrag sieht in § 2a 1 zweiter Absatz letzter Satz allerdings auch vor:

„Liegt die Arbeitszeit um zweieinhalb Stunden oder mehr unter der tariflichen Arbeitszeit, entfällt die Altersfreizeit.“

Mit dieser starren Altersgrenze war verbunden, dass alle Arbeitnehmer, die 35 Stunden oder weniger (Teilzeit) arbeiteten, leer ausgingen. Es konnte damit also passieren, dass ein Arbeitnehmer, der eine regelmäßige Arbeitszeit von 37,5 Stunden hatte, ohne Einbußen auf eine Wochenarbeitszeit von 35 Stunden reduziert wurde und ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der von vornherein nur einen Vertrag über 35 Stunden mit entsprechend niedrigeren Gehalt hatte, die gleiche Arbeit verrichteten.

Die Arbeitgeber haben diese Ungleichbehandlung versucht zu rechtfertigen, indem sie auf die weitgehende Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien und den großen Beurteilungsspielraum der tarifschließenden Parteien verwiesen haben. Dies ist der Grundsatz der Tarifautonomie, dem in der Tat erhebliche Bedeutung beizumessen ist. Auf der anderen Seite hat das Bundesarbeitsgericht gestern deutlich darauf hingewiesen, dass dieser Grundsatz seine Grenzen findet in § 22 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Dort ist klar geregelt, dass jede Regelung, die Teilzeitkräfte benachteiligt unwirksam ist. Danach müssen auch Teilzeitkräfte in den Genuss der Altersfreizeit kommen, natürlich möglicherweise nicht in voller Höhe wie eine Vollzeitkraft aber jedenfalls im Verhältnis ihres Teilzeitanteils zur Vollzeit.

Es wird noch einige Wochen dauern, bis der genaue Wortlaut der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch veröffentlicht ist.

Schon jetzt muss aber den Teilzeitarbeitnehmern geraten werden, unverzüglich Ihre Ansprüche geltend zu machen, um Verluste, die aufgrund des  § 16 des Manteltarifvertrages durch Zeitablauf eintreten können, zu verhindern.