Ist Umkleidezeit Arbeitszeit?

Regelmäßig kommt die Frage auf, ob die Umkleidezeit bei Arbeitnehmern, die eine bestimmte Berufskleidung tragen, als Arbeitszeit erfasst werden darf oder ob das Umkleiden außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit zu erfolgen hat.

Die Beantwortung dieser Frage ist nicht einfach, weil es sehr unterschiedliche Gründe für das Anlegen von Berufskleidung gibt. So gibt es Tätigkeiten, die zum Schutze des Arbeitnehmers das Tragen bestimmter Kleidung erfordert, wie zum Beispiel die Schutzkleidung eines Hochofenarbeiters, als auch solche, die zum Schutz des Arbeitnehmers und Dritter das Anlegen von Berufskleidung notwendig machen, wie zum Beispiel das Tragen steriler Kleidung im OP bei Ärzten und Schwestern. Zuweilen verlangen Arbeitgeber aber auch das Anlegen bestimmter Kleidung aus Marketinggründen, um damit ein Markenimage zu präsentieren, wie bei einem bekannten schwedischen Möbelhaus.Manche Verkehrsbetriebe verlangen von Bus- oder Straßenbahnfahrern das Tragen von Uniformen.Letztlich ziehen sich Arbeitnehmer aber auch auf eigene Veranlassung um, um ihre private Kleidung vor Verschleiß oder Verschmutzung zu schützen.

Der erste Schritt zur Klärung sollte ein Blick in den einschlägigen Tarifvertrag sein, der im Rahmen einer Definition der Arbeitszeit eine Anspruchsgrundlage bieten könnte. Tarifverträge entfalten eine Bindungswirkung allerdings nur für Arbeitnehmer, die selbst Mitglieder der Gewerkschaft sind, die den Tarifvertrag abgeschlossen hat und in einem Betrieb arbeiten in dem auch der betroffene Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband ist.Selten können Tarifverträge auch durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder durch Vereinbarung im Arbeitsvertrag gelten. Ein Tarifvertrag kann aber nicht nur einen Zahlungsanspruch begründen, sondern einen solchen auch ausschließen, wenn nämlich aus einer ausdrücklichen Erwähnung des Themenkomplexes “Umkleidezeit als Arbeitszeit” deutlich wird, dass die Tarifvertragsparteien das Problem erkannt und bedacht, aber keinen Anspruch dafür geregelt haben.

Hilft der Tarifvertrag nicht weiter, bedarf es zunächst der Prüfung, ob das Umkleiden ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgt, also fremdnützig ist. Fremdnützigkeit ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer Arbeitskleidung tragen muss, gleich ob aus Sicherheits- oder Marketinggründen, und es weder zumutbar ist, diese schon zu Hausen anzulegen noch er das aus Gründen der Sicherstellung der Hygiene dürfte.

Sind diese Bedingungen erfüllt, wird der Arbeitnehmer gute Erfolgsaussichten haben,eine Bezahlung der Umkleidezeit als Arbeitszeit durchsetzen zu können.